Der Kölner Stephan Siebers beschäftigt sich in seinem Werk mit den Gesetzen der Schwerkraft und den damit verbundenen Möglichkeiten der Illusion. In immer neuen Varianten gelingt es ihm, mit scheinbar unmöglichen Gleichgewichten zwischen Volumen und Masse zu überraschen. Würfel, Kugeln und andere Formen stehen fest aufeinander, obwohl sie zu fallen scheinen, während Bewegungen von der Zeit losgelöst werden.
Die Einfachheit seiner Arbeiten lässt die Schwere des Materials vergessen und vergänglichen Momenten wird durch die trotzige Unzerstörbarkeit des Metalls eine dauerhafte Form gegeben.
Die Inspiration von Siebers ist in der Ästhetik des Bauhaus verwurzelt und wird zudem beeinflusst von den minimalistischen Bildhauern der 1960er Jahre, wie Richard Serra, Sol LeWitt und Anthony Caro. Diese Künstler richteten ihre Aufmerksamkeit auf damals unkonventionelle, industrielle Materialien, um so die physikalischen Eigenschaften ihrer Kunst zu akzentuieren.
Siebers verinnerlicht ihr geistiges Erbe und wählt ebenfalls Materialien, die es ihm erlauben, Skulpturen mit einem gewissen Ungleichgewicht erstellen zu können. Ob klein oder mehrere Meter hoch, das Ergebnis ist das gleiche: Die ihren Raum strukturierenden Balanceakte zeigen ein hohes Maß an ausgehaltener innerer Spannung und strahlen dennoch eine geradezu meditative Ruhe aus.
Die seltene Leichtigkeit des hochkomplexen Prozesses einer ausgewogenen Gewichtsverteilung steht in starkem Kontrast zur kompakten Stabilität und Massivität des Materials. Hinzu kommt die vordergründige Auseinandersetzung mit den elementaren Fragestellungen der Bildhauerei nach Gleichgewicht und Gravitation, die durch die offen versteckten Assoziationen mit menschlichen Zuständen wie emotionaler Instabilität und der Sehnsucht nach Sicherheit anzurühren versteht. Stephan Siebers führt seine Zuschauer zu einem Spiel der Sinnestäuschung. Die schnörkellosen Formen und ihre Geschichten in verschachtelten Räumen veranlassen zu ungeahnten Dialogen mit dem Selbst. Vom Ballast der Gegenständlichkeit befreit, lassen die Skulpturen Platz zum Träumen und richten den Blick des Betrachters auf die eigene Existenz.